Mercosur-Abkommen abgelehnt!

P. R. am 17.02.2021

Vorstandssitzung 5 6 2020

KLB-Diözesanvorstand spricht sich gegen das Abkommen der EU mit einigen südamerikanischen Staaten aus: "Leidtragende dieses Abkommens sind auch die bäuerlichen Familienbetriebe in Europa."

Der Vor­stand der Katho­li­schen Land­volk­be­we­gung im Bis­tum Pas­sau hat sich mit dem geplan­ten Mer­co­sur-Abkom­men der EU mit eini­gen süd­ame­ri­ka­ni­schen Staa­ten befasst und ist zu dem Schluss gekom­men, die­ses abzu­leh­nen. Um die Ableh­nung zu unter­strei­chen, wur­de ein offe­ner Brief an Man­fred Weber, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Euro­päi­schen Volks­par­tei ver­sen­det sowie ört­li­che Lan­des- und Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te angeschrieben. 

Der Brief an Man­fred Weber im Wortlaut:

Als Chris­ten sind wir davon über­zeugt, dass der Ver­trag eine men­schen- und umwelt­feind­li­che Agrar- und Roh­stoff­pro­duk­ti­on nicht nur för­dert, son­dern sogar wach­sen lässt zum Nach­teil von ein­hei­mi­schen bäu­er­li­chen Fami­li­en­be­trie­ben, indi­ge­nen Völ­kern, Klein­bau­ern­fa­mi­li­en in Ama­zo­ni­en und von Umwelt und Kli­ma. Wie soll mit immer mehr Frei­han­del die Erfül­lung der SDGs bis 2030 gelin­gen und die Kli­ma­schutz­zie­le von Paris ohne ver­bind­li­che Umwelt­richt­li­ni­en ein­ge­hal­ten werden?” 

Der Ver­trag för­dert in den Mer­co­sur-Staa­ten zuneh­men­de Expor­te von Soja als Fut­ter­mit­tel, Zucker und dem dar­aus pro­du­zier­ten Bio­etha­nol-Treib­stoff, sowie Rind- und Geflü­gel­fleisch nach Euro­pa zu Prei­sen, mit denen unse­re pro­du­zie­ren­de Land­wirt­schaft nicht kon­kur­rie­ren kann. Dar­über hin­aus wer­den die­se bil­li­gen Güter und Roh­stof­fe zu Umwelt- und Sozi­al­be­din­gun­gen pro­du­ziert, die nicht unse­ren Stan­dards und christ­li­chen Wer­ten Euro­pas ent­spre­chen. Es kann uns nicht egal sein, unter wel­chen Bedin­gun­gen Pro­duk­te außer­halb Euro­pas pro­du­ziert wer­den. Wo sind die ver­bind­li­chen, ein­klag­ba­ren Ver­ein­ba­run­gen hier­zu? Begüns­tigt wer­den auch die Expor­te von Roh­stof­fen wie Koh­le und Metall­erzen nach Euro­pa, oft unter Skla­ve­rei ähn­li­chen Arbeits­be­din­gun­gen für die Arbei­ter. Die­se gesam­te indus­tri­el­le Wirt­schafts­struk­tur wirkt als Haupt­trei­ber für die Abhol­zung des Regen­wal­des und damit die Zer­stö­rung eines welt­weit bedeu­ten­den Öko­sys­tems, Treib­haus­gas­emis­sio­nen, Land­ver­trei­bun­gen von indi­ge­nen Völ­kern und Klein­bau­ern. Damit ein­her gehen Men­schen­rechts- und Land­rechts­ver­let­zun­gen bis hin zu Auf­trags­mor­den. Die Land­be­woh­ner und indi­ge­nen Völ­ker sind die Leid­tra­gen­den einer Poli­tik, von der unser Papst Fran­zis­kus zu recht sagt: Die­se Wirt­schaft tötet!“ Ver­geb­lich sucht man in die­sem Abkom­men nach ver­bind­li­chen Men­schen­rechts- und Umwelt­stan­dards. Die­se wirt­schafts­po­li­ti­sche Pra­xis zu unter­stüt­zen, kann nicht die Absicht der Euro­päi­schen Uni­on sein! Sie tritt unse­re euro­pä­isch-christ­li­chen Wer­te mit Füßen und macht uns, soll­te das Abkom­men in Kraft gesetzt wer­den, total unglaubwürdig.

Leid­tra­gen­de die­ses Abkom­mens sind auch die bäu­er­li­chen Fami­li­en­be­trie­be in Euro­pa. Auf­grund der unter­schied­li­chen Sozi­al- und Umwelt­stan­dards kön­nen unse­re Bau­ern nicht mit den süd­ame­ri­ka­ni­schen Fleisch- und Fut­ter­mit­tel­im­por­ten kon­kur­rie­ren. So wird durch die­se Poli­tik das Bau­ern­ster­ben“ von land­wirt­schaft­li­chen Fami­li­en­be­trie­ben in Euro­pa noch beschleu­nigt. Es kämen durch die­se Impor­te auch auf die Mas­se der Ver­brau­cher Umwelt- und Gesund­heits­pro­ble­me zu, denn auf den Groß­flä­chen Ama­zo­ni­ens wer­den Pes­ti­zi­de und Che­mi­ka­li­en ein­ge­setzt, die in Deutsch­land und Euro­pa längst ver­bo­ten sind, weil als gesund­heits­schäd­lich bekannt. Bekannt gewor­den sind auch vor­sätz­li­che Gift­be­sprü­hun­gen von Sied­lun­gen von Indi­ge­nen- und Klein­bau­ern­dör­fern mit Gesund­heits­schä­den und Todes­fol­gen! Und was ist mit den Pes­ti­zid­rück­stän­den in impor­tier­ten Lebens­mit­teln? Wie kann es über­haupt sei, dass in der EU ver­bo­te­ne Gift­stof­fe wei­ter pro­du­ziert und in ande­re Län­der expor­tiert wer­den dürfen?

Leid­tra­gend wird auch die gesam­te Welt­be­völ­ke­rung sein, denn wenn durch die Abhol­zung des Regen­wal­des in Ama­zo­ni­en das Welt­kli­ma nach­hal­tig geschä­digt wird, büßen wir das alle. Nach den jüngs­ten Infor­ma­tio­nen der bra­si­lia­ni­schen Welt­raum­be­hör­de IMPE waren die Jah­re 2019 und 2020 die schlimms­ten Abhol­zungs­jah­re. Damit bestä­tigt sich, dass das Abkom­men als Brand­be­schleu­ni­ger der Regen­wald­ro­dun­gen funk­tio­niert! Wel­che Kata­stro­phen dadurch auf die Mensch­heit zukom­men, ist noch unbe­kannt. Will die EU dafür mit­ver­ant­wort­lich sein? Pro­fi­teu­re die­ses Abkom­mens sind nach unse­rer Mei­nung nur Groß­agra­ri­er in den Mer­co­sur-Staa­ten, sowie der Agro­busi­ness­kom­plex in bei­den Kon­ti­nen­ten, die Fleisch- und Fut­ter­mit­tel­kon­zer­ne, die che­mi­sche Indus­trie und auch die Stahl‑, Auto­mo­bil- und Maschi­nen­in­dus­trie in Euro­pa durch bil­li­ge Impor­te von Roh­stof­fen. So ist die­se Indus­trie auf mehr­fa­che Wei­se betei­ligt an der Land­ver­trei­bung der indi­ge­nen Bevöl­ke­rung und der Ver­nich­tung der Regen­wäl­der. Damit wür­de eine post­ko­lo­nia­le Rol­len­tei­lung zwi­schen den süd­ame­ri­ka­ni­schen Groß­grund­be­sit­zern und Roh­stoff­ex­por­teu­ren und euro­päi­schen Her­stel­lern von Indus­trie­er­zeug­nis­sen zemen­tiert. Das ist weder gerecht noch nach­hal­tig! Und wir alle in Euro­pa machen uns mit­schul­dig am Elend gro­ßer Tei­le der Bevöl­ke­rung in den süd­ame­ri­ka­ni­schen Ländern. 

Ein Han­dels­ab­kom­men soll­te nur abge­schlos­sen wer­den, wenn es der öko­lo­gi­schen und sozia­len Nach­hal­tig­keit, dem Kli­ma­schutz und dem Schutz der Men­schen- und Indi­ge­nen­rech­te dient. Das geplan­te Mer­co­sur-Abkom­men ent­spricht nicht die­sen Anfor­de­run­gen und Stan­dards. Hilf­reich wäre hier ein euro­päi­sches Lie­fer­ket­ten­ge­setz, das die Unter­neh­men auf die Ein­hal­tung der Men­schen­rech­te ver­pflich­tet und ein­klag­bar ist. Der vor­ge­leg­te Ent­wurf der Mer­co­sur-Staa­ten mit der EU gehört in der vor­lie­gen­den Aus­füh­rung ent­schie­den abge­lehnt, da er nicht unse­ren euro­päi­schen und christ­li­chen Wert­vor­stel­lun­gen ent­spricht. Ein Han­dels­ab­kom­men, das vor allem den Pro­du­zen­ten von Autos, Pes­ti­zi­den und Soja nutzt, zu Las­ten der Bevöl­ke­rung in bei­den Kon­ti­nen­ten geht, Indi­ge­ne und deren Ter­ri­to­ri­en, Öko­sys­te­me und das Welt­kli­ma durch Regen­wald­ver­nich­tung nach­hal­tig schä­digt, kann nicht unse­re Unter­stüt­zung und Zustim­mung fin­den und soll­te auch nicht von den Län­der­par­la­men­ten beschlos­sen wer­den. Die KLB Pas­sau for­dert ins­be­son­de­re die EVP auf, sich für ein öko­lo­gi­sches, sozia­les und nach­hal­ti­ges Mer­co­sur-Abkom­men ein­zu­set­zen, das den Men­schen­rech­ten ent­spricht und lang­fris­tig für ein ein­klag­ba­res euro­päi­sches Lieferkettengesetz.

Weitere Nachrichten

Banner 2608475 1280
17.04.2024

Verein(t) in Europa!

Von heute bis zur Europawahl am 09. Juni 2024 veröffentlichen die Verbände in der Diözese Passau in den…

DSCN0096
19.03.2024

Einkehrtag zum Thema "Dankbar werden" im Kloster Thyrnau

Zum traditionellen Einkehrtag zur Fastenzeit der Kath. Landvolkbewegung KLB Passau und der Kath.…

IMG 20240317 131239
18.03.2024

16. Bauernwallfahrt in Altötting

Für bäuerliche Landwirtschaft, Bewahrung der Schöpfung, Frieden und gesundes Essen für alle kamen am 17. März…

IMG 20240312 143329
13.03.2024

Kleinbäuerin aus Kolumbien besucht den Höfler Hof

Jedes Jahr lädt Misereor zur Fastenaktion Gäste aus dem Partnerland nach Deutschland ein, im Bistum Passau…