Abenteuer KLB: Mein erstes Jahr im Bistum Passau

P. R. am 14.01.2021

Porträt Roos

Diözesangeschäftsführer Philipp Roos blickt zurück auf ein bewegtes Jahr in der Katholischen Landvolk Bewegung. Dieser Text ist gleichzeitig sein Beitrag für die "Corona-Bibel", einem Gemeinschaftsprojekt des Passauer Landvolks.

Ich erin­ne­re mich noch gut an den Anruf des Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen, der mir im Auf­trag des Bischöf­li­chen Ordi­na­ri­ats die Job-Zusa­ge über­brach­te. Mia woin Sie”, schall­te es in ver­trau­tem nie­der­baye­ri­schen Dia­lekt durch das Tele­fon. Ich stand gera­de mit­ten im Kopier­raum mei­nes dama­li­gen Arbeit­ge­bers und konn­te des­halb aus Pie­täts­grün­den nur inner­lich jubeln. Es war aber ein fre­ne­ti­scher inner­li­cher Jubel. Mei­ne Freu­de war bei­na­he kind­lich, weil mei­ne Frau und ich schon län­ger mit einer Rück­kehr in unse­re Hei­mat­stadt Pas­sau gelieb­äu­gelt hat­ten. Nun war es tat­säch­lich so weit. Nach acht Jah­ren in Mün­chen war­te­te ein beruf­li­cher Neu­start als Geschäfts­füh­rer des Katho­li­schen Land­volks auf mich. Nächs­te Aus­fahrt: Bis­tum Pas­sau. Was für ein Geschenk zum Jah­res­start 2020

Mei­ne ers­ten Arbeits­ta­ge im Pas­sau­er KLB-Diö­ze­san­ver­band kün­de­ten von einer brand­neu­en Welt, in die ich da nach acht Jah­ren in einem gro­ßen Sport­fach­ver­band ein­tauch­te. Ohne Kennt­nis der geschicht­li­chen Ent­wick­lung war es für einen Quer­ein­stei­ger wie mich her­aus­for­dernd, Ziel­set­zung, Arbeits­wei­se und Orga­ni­sa­ti­on der KLB auf Anhieb zu ver­ste­hen. Davon ließ ich mich aber nicht ent­mu­ti­gen. Ich begann ganz ein­fach mit der Arbeit und einem bewähr­ten Mix aus Lesen, Zuhö­ren, Ler­nen und Han­deln. In die­sem Zusam­men­hang ein gro­ßer Dank an die Diö­ze­san­vor­stand­schaft um Fran­zis­ka Rau­sche­cker und Wal­ter Dan­kes­rei­ter sowie mei­ne Mit­ar­bei­te­rin­nen im Haupt­amt, Ute Kapf­ham­mer und The­re­sia Göp­pin­g­er, für die immer­zu ver­trau­ens­vol­le und gute Zusam­men- und Ein­ar­beit. Kurz nach der Diö­ze­san­ver­samm­lung, der ers­ten prak­ti­schen Bewäh­rungs­pro­be, brach Coro­na über uns her­ein und damit der Qua­si-Lock­down für die Ver­bands­ar­beit. Nichts war mehr wie aus einem Guss. Wir muss­ten unse­re belieb­ten Fami­li­en­ta­ge im Juni absa­gen, eben­so den Bru­der-Klaus-Tag als sakro­sank­ten Grund­pfei­ler unse­rer Jah­res­pla­nung. Unse­re Frau­en­oa­sen­ta­ge mit 150 Teil­neh­me­rin­nen ver­leg­ten wir ins nächs­te Jahr. Coro­na hat unse­rem Ver­bands­le­ben zwei­fels­oh­ne schmerz­haf­te Beu­len zuge­fügt, aber trotz unse­rer Eigen­schaft als Risi­ko­grup­pe (die KLB fei­ert in die­sem Jahr ihr 70-jäh­ri­ges Bestehen) lie­gen wir nicht auf der Inten­siv­sta­ti­on. Wir sind zum Glück noch hand­lungs- und orga­ni­sa­ti­ons­fä­hig. Bei unse­rer Pla­nung für 2021 den­ken wir die Pan­de­mie kon­se­quent und ver­nünf­tig mit, wir las­sen uns von ihr aber nicht ver­rückt machen. Wir leben mit ihr und ste­cken den Kopf nicht in den Sand. 

Die KLB Schritt für Schritt ken­nen zu ler­nen, war und ist ein ech­tes Aben­teu­er. Auch nach einem Jahr bin ich weit davon ent­fernt, aus­ge­lernt zu haben. Men­schen, die die KLB nicht ken­nen (ich hof­fe, die Anzahl hält sich in Gren­zen), erzäh­le ich ger­ne von der KLB; die Neu­gier­de, was wir eigent­lich so machen“, ist meis­tens sehr groß. Ein gutes Zei­chen! Ich fan­ge meis­tens so an: In der KLB tref­fen sich enga­gier­te Chris­ten, die ihr Lebens­um­feld auf dem Land im Sin­ne des Evan­ge­li­ums gestal­ten möch­ten. Die wich­tigs­ten Säu­len unse­rer Ver­bands­ar­beit sind der Ein­satz für die Kir­che auf dem Land, die gemein­sa­me Aus­übung unse­res Glau­bens, die Bewah­rung unse­rer wun­der­schö­nen Schöp­fung (mit beson­de­rem Augen­merk auf die bäu­er­li­che Land­wirt­schaft) und die Fami­li­en- und Eine-Welt-Arbeit sowie die Über­nah­me von gesell­schafts­po­li­ti­scher Ver­ant­wor­tung. Unse­re akti­ven Mit­glie­der auf Kreis- und Diö­ze­sa­ne­be­ne prä­gen unser Ver­bands­le­ben in beson­de­rer Wei­se. Sie zeich­nen das äuße­re Erschei­nungs­bild der KLB. In der KLB sehe ich kei­ne klas­si­schen Ver­bands­funk­tio­nä­re, son­dern leut­se­li­ge, beherz­te und lebens­na­he Frau­en und Män­ner. Sie packen mit an, statt groß zu theo­re­ti­sie­ren. Sie ver­kör­pern damit ein Natu­rell, das auch mei­nem ent­spricht. Ich bin über­zeugt davon, dass wir die KLB Pas­sau gemein­sam in eine gute Zukunft füh­ren kön­nen, auch wenn ich Respekt vor den Rah­men­be­din­gun­gen habe, die sicher schon ein­mal güns­ti­ger gewe­sen sind. 

Die Zei­chen der Zeit und eine Fra­ge des Überlebens

Da ist frei­lich die Coro­na-Pan­de­mie, die uns ängs­tigt und aus­bremst, obwohl wir Voll­gas geben möch­ten. Ich sehe aber auch gesell­schaft­li­che Ent­wick­lun­gen, die uns nicht unbe­dingt in die Kar­ten spie­len. Allen vor­an die Kri­se tra­di­tio­nel­ler Insti­tu­tio­nen: Par­tei­en ver­lie­ren mas­sen­haft Wäh­ler, Gewerk­schaf­ten Mit­glie­der und unse­re Kir­che Gläu­bi­ge (wenn auch im Bis­tum Pas­sau nur im Pro­mil­le­be­reich). Ich glau­be, die­se Insti­tu­tio­nen­kri­se ist in Wahr­heit eine Kri­se des moder­nen Men­schen, den die äuße­ren Umstän­de, dazu zäh­le ich auch Bil­dung und Erzie­hung, zu einem sehr indi­vi­dua­lis­ti­schen Wesen gemacht haben. Was für die KLB schlecht ist, denn der Gedan­ke der gemein­schaft­li­chen Ver­ant­wor­tung, für den die KLB mit ihren The­men steht, ist in einer indi­vi­dua­lis­ti­schen Gesell­schaft sehr unpo­pu­lär. Die Idee, dass durch Gemein­schafts­sinn etwas erreicht wer­den kann, ist irgend­wie nicht mehr zeit­ge­mäß (eine posi­ti­ve Aus­nah­me ist die Fri­days For Future Bewe­gung). Ich habe wirk­lich das Gefühl, dass die­se Idee bei man­chen Men­schen sogar kom­plett ver­lo­ren gegan­gen ist. 

Die Kir­che hat es in die­ser Gemenge­la­ge schwer, bei den Men­schen zu lan­den. Unser Glau­be hat einen denk­bar schlech­ten Stand in einer säku­la­ren, ratio­na­lis­ti­schen und tech­ni­zis­ti­schen Welt. Etwas zu glau­ben, das nicht logisch oder natur­wis­sen­schaft­lich erklär­bar ist, passt nichts in das Welt­bild vie­ler Men­schen (umso para­do­xer fin­de ich es aber, dass auch Athe­is­ten und Agnos­ti­ker an Weih­nach­ten immer wie­der ger­ne in die popu­lä­re Christ­met­te gehen). Die Kir­chen­kri­se folgt der Glau­bens­kri­se auf dem Fuß und eine Glau­bens­kri­se ist logi­scher­wei­se auch eine KLB-Kri­se, denn wir sind Fleisch vom Flei­sche. In sei­ner Sil­ves­ter­pre­digt sag­te der Osna­brü­cker Bischof Franz-Josef Bode, die Kir­che ste­he im Über­gang zu einer neu­en Epo­che. Es gehe in der Zukunft beson­ders um eine neue Hal­tung, die wir als Chris­ten ein­neh­men soll­ten: dass wir uns wirk­lich auf das Leben der Men­schen ein­las­sen, dass wir uns bemü­hen, sie bes­ser zu ver­ste­hen, dass wir mit ihnen zusam­men auf der Suche sind und von­ein­an­der ler­nen. Vor allem dür­fe Kir­che nie­mals an den Nie­der­ge­schla­ge­nen am Wege vor­bei­ge­hen und sie lie­gen­las­sen, ob sie ein­hei­misch oder fremd sind. Die­se Wor­te müs­sen uns auch in der KLB Pas­sau beschäf­ti­gen und Wider­hall in unse­rer Gre­mi­en­ar­beit fin­den. Wie kön­nen wir im Rah­men unse­rer beschei­de­nen Mög­lich­kei­ten unse­rer Kir­che hel­fen, stark und rele­vant im Leben der Men­schen zu blei­ben? Was ja unbe­strit­ten auch Hil­fe zur Selbst­hil­fe wäre… Ver­bän­de wie die KLB kön­nen als Teil der Kir­che von Pas­sau Gro­ßes leis­ten und Gutes bewir­ken, denn sie sind nah dran an de Leit“ und sie spre­chen ihre Spra­che – eine Spra­che ohne bes­ser­wis­se­ri­schen, mora­li­sie­ren­den Unter­ton. Katho­li­sche Ver­bän­de sind gene­rell ein Kitt der gläu­bi­gen Bevöl­ke­rungs­schich­ten. Oder wie es Bis­tums­blatt-Chef­re­dak­teur Wer­ner Frie­den­ber­ger in der letz­ten Aus­ga­be for­mu­lier­te: In Wirk­lich­keit sind Lai­en Pro­fis. Sie ste­hen für das, was das zwei­te vati­ka­ni­sche Kon­zil unter der For­mu­lie­rung gemein­sa­mes Pries­ter­tum ver­steht. Im Volk Got­tes gibt es kein Oben und kein Unten, kein Wich­tig oder Unwich­tig. Seel­sor­ge ist nicht mehr allein die Sache des Pries­ters in der Pfar­rei, son­dern ein Pro­zess, bei dem die unter­schied­li­chen Fähig­kei­ten ein­ge­bracht wer­den dür­fen. Ohne die Lai­en in der Kir­che wür­de die Luft dünn – eine Fra­ge des Überlebens.“ 

Auf die KLB auf­merk­sam machen

Wei­ter oben habe ich geschrie­ben, die Vor­aus­set­zun­gen für eine flo­rie­ren­de KLB waren schon mal bes­ser. Man kann die Situa­ti­on aber auch opti­mis­ti­scher sehen. Laut Frei­wil­li­gen Sur­vey möch­ten sich vie­le Men­schen ger­ne ehren­amt­lich enga­gie­ren, wenn auch die­ses Ehren­amt ein ande­res ist als die letz­ten Jahr­zehn­te, vor allem ist es anlass- und pro­jekt­be­zo­ge­ner. Die Her­aus­for­de­rung ist, dass wir die zum Enga­ge­ment berei­ten Men­schen auf uns auf­merk­sam machen, durch krea­ti­ve Ideen, einen breit­ge­fä­cher­ten Aus­tausch mit unse­ren Anspruchs­grup­pen (Land­volks­hoch­schu­le, KLJB, Arbeits­grup­pe Lau­da­to Si im Bischöf­li­chen Ordi­na­ri­at, um nur ein paar zu nen­nen) und durch fokus­sier­te Öffent­lich­keits­ar­beit. Die KLB Pas­sau muss vor allem online sicht­ba­rer und prä­sen­ter wer­den, um Auf­merk­sam­keit zu erzeu­gen. Ein paar Mög­lich­kei­ten für eine moder­ne Verbandskommunikation:

  • Eine Prä­senz in den Sozia­len Medi­en, als digi­ta­le KLB-Visi­ten­kar­te, um da zu sein, wo die Men­schen sich im Inter­net meis­tens auf­hal­ten. 90 Pro­zent der Bevöl­ke­rung in Deutsch­land hat Zugang zum Inter­net, 70 Pro­zent infor­mie­ren sich aus­schließ­lich online.
  • Einen digi­ta­len KLB-Brief“(den unse­re Mit­glie­der von frü­her ken­nen) als Nach­richt aufs Handy.
  • Live-Über­tra­gung von KLB-Ver­an­stal­tun­gen, z.B. der Diö­ze­san­ver­samm­lung, kos­ten­los via Face­book (das Bis­tum macht es uns vor).
  • Der Ein­satz eines online-basier­ten Umfra­ge-Instru­ments, um Mei­nungs­bil­der der Mit­glie­der abzu­fra­gen, was uns schnel­ler und schlag­kräf­ti­ger machen würde. 

Für die­se weni­gen Bei­spie­le gibt es Blau­pau­sen und Vor­bil­der. Alles gleich­zei­tig zu machen, wür­de unse­ren schma­len Appa­rat viel­leicht über­stra­pa­zie­ren. Wir soll­ten die wich­tigs­ten Punk­te prio­ri­sie­ren. Unser Mot­to könn­te sein: Nicht alles neu machen, son­dern man­ches anders. Unse­re Auf­ga­be ist, dass die KLB attrak­tiv bleibt, dass sich Chris­ten wei­ter­hin ger­ne in ihr enga­gie­ren und dass wir The­men, Inhal­te und Mit­ar­beits­mög­lich­kei­ten anbie­ten, die am Puls unse­rer Zeit sind. Damit unse­re Mit­glie­der, Freun­de und För­de­rer und unse­re Kir­che sagen: Ohne die KLB wür­de uns etwas feh­len. Damit wir alle das Gefühl haben: Die KLB ist ein Ver­band mit offe­nen Ohren, Augen und Armen für alle Chris­ten – auch die kir­chen­fer­nen, die so genann­ten Tauf­schein- oder Off­line-Chris­ten. Ich ken­ne kei­nen Kino­be­sit­zer, der ein Pla­kat auf­hängt mit der Auf­schrift: Lang­wei­li­ger Film, kei­nen Besuch wert“. Wir müs­sen also Wer­bung in eige­ner Sache machen, posi­tiv über uns spre­chen, Pro KLB“! Wir haben doch sehr viel zu bie­ten! Wir sind vie­le. Wir haben die Mit­tel. Und wir haben die Kom­pe­tenz und Erfahrung. 

Come­back“ des Glaubens 

Es war ver­blüf­fend, wie schnell die Aus­ein­an­der­set­zung mit der pas­to­ra­len Ent­wick­lung der KLB in eine Aus­ein­an­der­set­zung mit mei­nem eige­nen Glau­ben mün­de­te. Ich habe mir irgend­wann die Gret­chen­fra­ge gestellt: Wie hal­te ich´s eigent­lich selbst mit der Reli­gi­on? Hand aufs Herz: Derr Herr­gott hat über lan­ge Jah­re in mei­nem All­tag nur eine Neben­rol­le gespielt, wenn über­haupt. Von einer guten Bezie­hung konn­te man nicht ein­mal im Ansatz spre­chen. Auch nicht von einer Fern­be­zie­hung, die ja per se sub­op­ti­mal ist. Ich habe den Herr­gott aus den Augen ver­lo­ren, so wie einen guten Jugend­freund, den man seit Jahr und Tag nicht mehr gese­hen hat. Dabei soll­te ich ja eigent­lich auf einem guten Weg hin­ein in eine gelin­gen­de Got­tes­be­zie­hung sein, damals, als jun­ger Minis­trant. In mei­ner Hei­mat­pfar­rei Passau/​Auerbach wur­den Ende der neun­zi­ger Jah­re vie­le mei­ner Schul­ka­me­ra­den Minis­trant, also wur­de ich auch einer. Mei­ne bei­den Omas haben das sehr befür­wor­tet, denn sie waren bei­de streng katho­lisch. Der Sonn­tag gehör­te der Kir­che und dem Fuß­ball. Auch genau in die­ser Rei­hen­fol­ge. Die Tages­pla­nung war in Stein gemei­ßelt. Erst gin­gen wir alle mit­ein­an­der minis­trie­ren, danach tra­fen wir uns auf dem Auer­ba­cher Bolz­platz zum Sonn­tags­kick. Von Minu­te zu Minu­te stieg unse­re Vor­freu­de wäh­rend des Got­tes­diens­tes: Hal­le­lu­ja, gleich rollt der Ball wie­der! Wir waren, ange­führt von unse­rem Spiel­füh­rer, dem Ober­mi­nis­tran­ten Sebas­ti­an Fran­ken­ber­ger (man­che ken­nen ihn vom Rau­cher-Volks­be­geh­ren), eine ver­schwo­re­ne Ein­heit. Wir fuh­ren gemein­sam ins Zelt­la­ger, wir zogen nachts hin­aus zum Fah­nen­klau­en, wir fei­er­ten Par­tys im Pfarr­heim. Wir waren die stol­zen Auer­ba­cher Minis“.

Im Rück­blick ist es schier unglaub­lich, wie facet­ten­reich die katho­li­sche Jugend­ar­beit bei uns gewe­sen ist. Kei­ne Spur von Lan­ge­wei­le, Ödnis und Tris­tesse! Wir haben uns alle sau­wohl“ gefühlt, weil wir auch nicht immer kreuz­brav“ sein muss­ten. Die­se Gemein­schaft hat uns getra­gen. Ver­bun­den waren wir natür­lich durch unse­ren gemein­sa­men Glau­ben, der uns in der Pfar­rei zusam­men­ge­führt hat. Aber um Glau­bens­fra­gen ging es bei uns außer­halb des Got­tes­diens­tes nicht. Wir haben das unter­ein­an­der nicht wei­ter the­ma­ti­siert, was und wie wir glau­ben. Aber war­um etwas the­ma­ti­sie­ren, das ja ganz natür­lich da ist und von allen sowie­so geteilt wird. Ein Bay­ern-Fan sagt ja sei­nem Spezl, der auch Bay­ern-Fan ist, auch nicht, dass er ein Bay­ern-Fan ist. Das wäre irgend­wie skur­ril. Uns allen war glas­klar, dass Gott in der Welt war, dass er für uns da war, dass Jesus Chris­tus Got­tes Sohn für uns gestor­ben ist, dass Jesus den Tod über­wun­den hat und wir des­halb das ewi­ge Leben haben, dass der Hei­li­ge Geist unse­re Geschi­cke mit­lei­tet und dass wir als Chris­ten frei nach Goe­the edel, hilf­reich und gut sein sol­len. Lie­be dei­nen Nächs­ten wie dich selbst, aber vor allem lie­be dei­nen Gott mit jeder Faser dei­nes Kör­pers und dei­ner gan­zen See­le! Voilá das Chris­ten­tum in Kurz­form. Dass die­ser Glau­be frei­lich eine radi­ka­le Über­for­de­rung dar­stellt, dem man gar nicht gerecht wer­den kann als Mensch, die­se Tat­sa­che wur­de mir erst in der KLB bewusst, als ich mich das ers­te Mal mit mei­nem Glau­ben aus­ein­an­der­ge­setzt habe. Der Pro­zess war aber nicht inten­diert, es stand kei­ne gene­ral­stabs­mä­ßi­ge Pla­nung dahin­ter nach dem Mot­to Ab heu­te wer­de ich ein guter Christ“. Alles ent­wi­ckel­te sich ganz natür­lich und spie­le­risch, ohne ein ech­tes Erwe­ckungs­er­leb­nis. Ich ging in den Dom­la­den und kauf­te mir eine Ein­heits­über­set­zung der Bibel, in der ich nach Zeit, Lust und Lau­ne schmö­ke­re. Wenn ich beim Jog­gen ein Jesus-Kreuz pas­sie­re, kommt es gele­gent­lich vor, dass ich davor ste­hen blei­be und inne­hal­te. Ich gehe öfters in den Got­tes­dienst. Ich bete mit den eige­nen Kin­dern, als Ritu­al vor dem Schla­fen­ge­hen. Und ich las­se mich viel im Inter­net inspi­rie­ren – emp­feh­len kann ich übri­gens die Vide­os des Theo­lo­gen und Phi­lo­so­phen Dr. Johan­nes Hartl. Neu­deutsch gesagt, bin ich eine Art Jesus-Fol­lower gewor­den, dem ein­zi­gen Influen­cer die­ser Welt, dem ich fol­ge. Ich habe mei­ne hel­le Freu­de, dass ich mei­nen Glau­ben ent­deckt habe, so als ob ich eine ver­staub­te Schatz­tru­he am Dach­bo­den gefun­den hätte.

Per­sön­lich Zeug­nis geben 

Die Glau­bens­kri­se, von der wei­ter oben die Rede war, kann bei genaue­rer Betrach­tung nur sub­stan­zi­ell geheilt wer­den, wenn sich mehr Men­schen trau­en, posi­tiv über ihren Glau­ben zu spre­chen, so dass ande­re Men­schen sich davon auch ange­spro­chen füh­len. So ähn­lich funk­tio­niert christ­li­che Mund­pro­pa­gan­da seit 2000 Jah­ren. Nur denkt der heu­ti­ge Mensch wahn­sin­nig nut­zen­ori­en­tiert. Was nützt es ihm also, wenn der Herr­gott in sei­nem Leben eine gewich­ti­ge Rol­le spie­len soll? Was nützt es ihm kon­kret, wenn er mehr Zeit für Anbe­tung auf­wen­det? Es ist ja nicht von der Hand zu wei­sen, dass sich ein geist­li­che­res Leben auch nach Ein­schrän­kung und zeit­li­chem Ver­lust anhört, weil man ja dadurch ande­re Sachen sein las­sen muss. Wenn man in den Got­tes­dienst am Sonn­tag geht, kann man nicht zur sel­ben Zeit am Stamm­tisch hocken. Das ist ein­fa­che Phy­sik. In Wahr­heit ist es aber kei­ne Ein­schrän­kung, son­dern eine Ver­än­de­rung – zum Guten, durch einen Zuge­winn an Lebens­qua­li­tät. Mich per­sön­lich hat die Hin­wen­dung zum Herr­gott von die­ser alles domi­nie­ren­den Ich-Per­spek­ti­ve befreit, die zwar im bür­ger­li­chen Leben zum Teil pro­duk­tiv und sinn­voll für mich ist, aber mir in Sum­me nicht gut­tut. Die Unterm-Strich-zähl-ich-Men­ta­li­tät macht vie­les kaputt und zer­stört vie­le mensch­li­che Bezie­hun­gen. Wer mit Gott lebt, der kann – fin­de ich – mit sei­nen Mit­men­schen eher in ehr­li­chen und lie­ben­den Bezie­hun­gen leben. Wenn man dar­über hin­aus dar­an glaubt, dass die­ses irdi­sche Leben nicht das Ende ist, bekommt man eine Distanz zu den Din­gen, man erlebt einen Zuge­winn an per­sön­li­cher Frei­heit und Gelas­sen­heit. Auch das tut gut. 

Ob sich mei­ne Hal­tung schon auf mei­ne zwi­schen­mensch­li­chen Bezie­hun­gen aus­wirkt, kann ich ehr­lich gesagt noch nicht beur­tei­len. Das muss wohl erst wach­sen, ehe man das rea­lis­tisch ein­schät­zen kann. Als ich mit guten Freun­den zuletzt über mei­nen Job in der Kir­che und das prak­ti­sche Christ­sein“ dis­ku­tiert habe, fie­len Sät­ze wie: Das sagst du doch nur, weil du jetzt in der Kir­che arbei­test! Frü­her hast du nie so gere­det.“ oder: Glaubst du wirk­lich, dass das damals vor 2000 Jah­ren alles pas­siert ist? Das kann doch nicht dein Ernst sein!“. Ich habe mich durch die­se Kom­men­ta­re in kei­nen Selbst­ver­tei­di­gungs­mo­dus drän­gen las­sen, aber es hat mir gezeigt, dass man sich als gläu­bi­ger Mensch schon auch argu­men­ta­tiv wapp­nen muss. Per­sön­lich Zeug­nis zu geben, kann ein schwie­ri­ges Unter­fan­gen sein, gera­de in einem freund­schaft­li­chen Kon­text, wo man ja auch nicht mis­sio­na­risch wir­ken möch­te. Ich habe es dann ein wenig mit Bischof Bode ver­sucht, das Bes­te aus der Situa­ti­on zu machen: Dass ich sie ver­ste­he, in ihrem Zwei­fel und dass ich ja selbst auch immer wie­der zweif­le. Aber dass ich mich jetzt ein­fach ent­schie­den habe. Der Glau­be ist ja ein Geschenk. Still ist es gewor­den, als ich gesagt habe: Freun­de, Gott liebt euch! Natür­lich, weil mei­ne Kum­pels einen sol­chen Satz aus mei­nem Mund noch nie gehört haben, aber auch, weil der Satz es wirk­lich in sich hat. Es ist ein inti­mer Satz, weil Lie­be etwas sehr Inti­mes ist. Es ist ein Satz, bei dem Men­schen oft errö­ten, wenn ihn jemand zu ihnen sagt. In das bered­te Schwei­gen und die Betre­ten­heit hin­ein, habe ich dann eine Por­ti­on Humor geschos­sen. In Rich­tung der vier Bur­schen sag­te ich, mit dem Glau­ben ist es ein wenig wie mit dem Lied Ganz oder gar nicht“ von Wolf­gang Petry: 

Gehn oder bleiben

Du musst dich entscheiden

Denn weil ich dich liebe

Will ichs auch wissen

Ganz oder gar nicht und nicht nur ein bisschen… 

In die­sen Tagen machen sich wie­der vie­le Men­schen gute Vor­sät­ze, wegen oder trotz der Pan­de­mie, man weiß es nicht. Vie­le davon haben mit kör­per­li­cher Fit­ness zu tun. Als nach wie vor pas­sio­nier­ter Hob­by­fuß­bal­ler und Trai­ner kann ich sol­che Vor­sät­ze nur begrü­ßen. Auch ich freue mich, wenn mei­ne aktu­el­len Lauf­ein­hei­ten dazu füh­ren, dass ich kon­di­tio­nell zule­ge. Ganz neben­bei bin ich dadurch ein gutes Vor­bild für mei­ne Spie­ler, die sich an mei­ner Leis­tung auf­rich­ten. Trai­ning ist nicht alles, aber ohne Trai­ning ist alles nichts. Nur wer trai­niert und fit ist, hat rich­ti­ge Freu­de an sei­nem Hob­by. Mein per­sön­li­cher Vor­satz am Jah­res­an­fang 2021 ist neben kör­per­li­cher mehr spi­ri­tu­el­le Fit­ness. Die Lauf­ein­hei­ten des Glau­bens sind dabei die Anzahl der Momen­te bei und mit Gott. Wenn er mit mir trai­niert, bin ich froh und dank­bar. Dass er da ist, stärkt und hält mich.

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