Passau. 37 Frauen und Männer aus der Diözese Passau und darüber hinaus nahmen an der von der Katholischen Landvolkbewegung KLB Passau e. V. motivierten Friedenswallfahrt nach Flüeli teil. Ziel war der Ort in der Innerschweiz, an dem vor ca. 570 Jahren das heiligmäßige Ehepaar Niklaus von der Flüe und Dorothee Wyss ein ungewöhnliches und herausforderndes Leben führten. Er als Bauer, Politiker, Soldat, Ehemann, Vater und zuletzt Einsiedler; sie als junges Mädchen, Ehefrau, Mutter, verlassene Frau und trotzdem loyale Unterstützerin und Partnerin ihres Niklaus.
Ideal für Normalsterbliche war und ist dieser Lebensweg voller Brüche nicht.
Niklaus war schon von seiner Jugend an ein Gott-Sucher, und seine Sehnsucht wurde übermächtig, so dass die zwanzigjährige Ehe belastet war. Nach zweijährigem Ringen gab Dorothee ihre Zustimmung zum Einsiedlerleben. Niklaus übertrug ihr, nicht den schon voll geschäftsfähigen ältesten Söhnen die Hofverwaltung. Dies kann für die damalige Zeit als ungewöhnliches Zeichen der Wertschätzung und Liebe gewertet werden, denn Frauen galten zu dieser Zeit als unmündig. Liebe, Wertschätzung und Einverständnis drückt auch der von Dorothee gewebte Pilgerrock (ausgestellt in der Kirche von Sachseln) für Niklaus aus. Sie unterstützte Niklaus in den zwanzig Jahre seines Einsiedlerdaseins, indem sie seine Besucher beherbergte und beriet.
Ohne Dorothee gäbe es keinen heiligen Niklaus von Flüe. Dies ist auch der Grund, warum das Katholische Landvolk Bayern mit vielen anderen schon seit längerem fordert, dass auch Dorothee heilig gesprochen werden sollte. Niklaus von Flüe und Dorothee Wyss sind die Patrone der Kath. Landvolkbewegung.
Niklaus ist Nationalheiliger der Schweiz und gilt als großer Friedensstifter, denn er verhinderte im Jahre 1481 durch seinen Rat an die versammelten Landstände der Schweizer Städte und Kantone einen drohenden Bürgerkrieg und sicherte der Schweiz für Jahrhunderte einen inneren Frieden. Die Sorge um Frieden in der Welt war auch der Anlass für diese Wallfahrt, die die KLB alle zwei Jahren veranstaltet. Reiseleiter war Johannes Schmidt aus Ruderting, der die Wallfahrt organisiert hat und für einen reibungslosen Ablauf sorgte. Geistlicher Begleiter war KLB-Seeelsorger Kaplan Michael Vogt aus Burghausen.
Die Schöpfung, unser Heimatplanet schreit. Verbrannte Wälder, verbrannte Felder, Unwetter und Sturzfluten, Kriege in der Ukraine, in Nahost und im Sudan. Das „Klima“- auch das menschliche — gerät immer mehr unter Druck. Auch in unserem Land sind die Menschen unzufrieden, der Umgang wird rauer, aggressiver und unversöhnlich. „Die Politik hat versagt“, hört man von vielen Seiten. Und unsere Gesellschaft ist gespalten. In Europa und der Welt scheinen die Menschen immer mehr aus Angst einander zu misstrauen. „Viele dieser Krisen haben mit der Furcht zu tun, dass das Eigene zu kurz kommt“, so schrieben die beiden Leiter ins Begleitheft zur Wallfahrt. Anlässe genug für diese Friedenswallfahrt.
Einen Eindruck über die politische Realität erhielt die Reisegruppe bereits bei der Anreise. In Luzern wurde der Bus ca. zwanzig Kilometer von einer Polizeistreife in ein Kontrollzentrum gelotst und dort wurde der Bus gescannt und auf Herz und Nieren technisch geprüft, sowie Gepäck kontrolliert. Auf dem Hof des Kontrollzentrums waren nur Nicht-Schweizer Busse. So kam man gut zweieinhalb Stunden später im Hotel Klausenhof an als vorgesehen. Nicht nur die Pilgergruppe, auch das Hotelpersonal war darüber sehr verwundert.
Der erste Wallfahrtstag führte nach einem Morgenlob in der Hauskapelle auf dem Visionenweg von Bruder Klaus von Flüeli über die Almwiesen nach Sachseln. Skulpturen am Weg verweisen künstlerisch auf die Visionen. In Sachseln empfing Bruder-Klausen-Kaplan Ernst Fuchs die Passauer Gruppe und führte durch Grabkirche und Pfarrkirche. Im Anschluss wurde das Bruder-Klaus-Museum besichtigt.
Am Nachmittag feierte dann die Gruppe in der Ranftschlucht der Melcha bei der Zelle des Heiligen eine Eucharistie am Fest des Heiligen Matthäus. Von „Matthäus und Bruder Klaus als zwei Menschen, die weggerufen wurden“, sprach Michael Vogt in seiner Predigt. Beide verließen die Sicherheit ihres Berufs, um Jesu Ruf zu folgen und veränderten komplett ihr Leben, ebenso ging auch Dorothee mit ihrem Ja den Schritt ins Ungewisse. Wie kann er so was machen!“ Aber sie können auch Vorbilder sein durch ihren Mut, Neues zu wagen, zu erkennen, dass eine Veränderung möglich ist, selbst dort, wo man es nicht erwartet; und wie aus einem Feind (wie der Zöllner Matthäus) ein Freund und Verbündeter werden kann. Nach dem Gottesdienst hatten die Teilnehmer*Innen Gelegenheit, individuell Zeit im Ranft zu gestalten.
Eine Fahrt mit der steilsten Zahnradbahn der Welt auf den Pilatus, den die Landschaftsprägenden Hausberg Luzerns, war ein Höhepunkt der Wallfahrt. Michael Vogt gestaltete eine kurze Dankandacht über die Schönheit der Schöpfung, die auf dem Gipfel besonders deutlich wurde.
Im Wohnhaus von Niklaus von Flüe und seiner Ehefrau Dorothee Wyss wurde die Sonntagsmesse gefeiert. Eingehend auf den Jakobusbrief stellte hier Michael Vogt die Entstehung von Kriegen und Konflikten in den Mittelpunkt seiner Predigt. Es ist erschreckend, wie realistisch und aktuell die Worte aus dem Jakobusbrief sind. Täglich werden wir Zeugen sinnloser Kriege. Sie entstehen wie auch die Konflikte im Kleinen, häufig aus Eifersucht und Neid.
Bruder Klaus kann uns hier Vorbild sein in der Überwindung seines Machtstrebens und Dorothee mit ihrer Akzeptanz. Mit einer kurzen Zwischenstation bei der Rückreise im Kloster Einsiedeln und Abschluss-Segen endete die Friedenswallfahrt 2024.
Die nächste Wallfahrt der KLB zu Bruder Klaus und Dorothee ist für 2026 geplant.