Der Aufruf der KAB im Wortlaut:
13,69 Euro sind eine Frage der Menschenwürde, der Achtung und der Anerkennung für geleistete Arbeit. Ein Mindestlohn von 13,69 Euro pro Stunde entspricht 60 Prozent des Bruttomonatsverdienstes von Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer*innen im produzierenden Gewerbe und Dienstleistungsbereich. Das ist die tatsächliche Untergrenze für einen fairen Arbeitslohn. Mit 13,69 Euro können Alleinstehende ohne Sozialtransfers von ihrer Arbeit leben! 13,69 Euro sichern Familien gerechte und soziale Teilhabe! 13,69 Euro verhindern vorprogrammierte Altersarmut! Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die 45 Jahre für einen Mindestlohn von 10,45 Euro hart gearbeitet haben, erwartet am Ende ihres Arbeitslebens eine Armutsrente von 699 Euro und damit weit unter der Grundsicherung. Das kann nicht sein – ändern wir es!
Hier geht es zur Petition.
FAQ zum Mindestlohn
Was ist der gesetzliche Mindestlohn? Der gesetzliche Mindestlohn ist eine bundesweite Lohnuntergrenze, die verbindlich festgeschrieben ist. Der Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmer*innen über 18 Jahren in allen Branchen. Dieser darf von wenigen Ausnahmen nicht unterschritten werden. Nähere Bestimmungen wurden im „Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns“ (Mindestlohngesetz – MILoG) getroffen. Das Gesetz wurde vom Deutschen Bundestag im Juli 2014 beschlossen. Der gesetzliche Mindestlohn wurde zum 01. Januar 2015 eingeführt.
Warum braucht es den gesetzlichen Mindestlohn? Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung setzt sich auf der Grundlage der Soziallehre der Kirche für gute und faire Löhne ein. Der Lohn muss die eigene Existenz und die der Angehörigen (Familien, Lebensgemeinschaften, Verbund der zu Versorgenden) sichern. Er muss zudem soziale Sicherheit und soziale Teilhabe ermöglichen. Deshalb kann die Lohnhöhe nicht beliebig sein, sondern sie hat diesen Kriterien zu entsprechen. Der Lohn hat ein Leben in Würde und Freiheit zu ermöglichen! Deshalb muss es eine verbindliche und einheitliche Lohnuntergrenze geben, die die Arbeitnehmer*innen gegen Lohndumping, Willkür und Ausbeutung schützen. Zudem werden immer weniger Arbeitnehmer*innen durch Tarifverträge abgesichert. Die Arbeitnehmer*innen schützende Tarifbindung sinkt immer weiter ab. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn wird deshalb gebraucht, um einen Mindestschutz für alle Arbeitnehmer*innen sicher zu stellen. Ansonsten ist dem Lohndumping nach unten Tür und Tor geöffnet.
Wie hoch ist der gesetzliche Mindestlohn derzeit? Seit dem 01. Januar 2020 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,35 Euro. Aus Sicht der KAB ist der Mindestlohn damit zu niedrig angesetzt, da er nicht vor Armut schützt und kein ausreichendes Leben in Würde und Freiheit ermöglicht.
Wer legt den gesetzlichen Mindestlohn fest? Grundsätzlich soll die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns im Dialog zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern festgelegt werden. Deshalb wurde eine Mindestlohnkommission als selbstständige Organisationseinheit eingerichtet. Sie besteht aus einem Vorsitzenden, drei Arbeitnehmer*innen- und drei Arbeitgebervertreter sowie zwei nicht stimmberechtigten Mitgliedern aus der Wissenschaft. Die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig und nicht weisungsgebunden. Laut Mindestlohngesetz wird die Höhe des Mindestlohnes alle zwei Jahre neu beschlossen. Die Mindestlohnkommission unterbreitet ihren Vorschlag der Bundesregierung. Diese setzt die neue Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes dann per Verordnung in Kraft. Die Mindestlohnkommission kann Informationen und fachliche Einschätzungen von anderen einholen. Die KAB hat sich deshalb bisher durch entsprechende Gutachten und Eingaben an die Mindestlohnkommission an dem Verfahren beteiligt und ihre Positionen deutlich gemacht.
Warum ist der Mindestlohn zu niedrig? Was fordert die KAB? Die KAB hat bereits vor und unmittelbar nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns eine deutliche Anhebung gefordert. Das niedrige Niveau des Mindestlohnes reicht nicht zum Leben. Die derzeitige Höhe des Mindestlohns schützt nicht vor Altersarmut. Die Binnennachfrage wird geschwächt. Geringverdiener*innen müssen jeden Euro zweimal umdrehen und leben in täglicher Unsicherheit, ob sie über die Runden kommen. Zudem sind 9,35 Euro gemessen an der
Wirtschaftskraft Deutschlands im europäischen Vergleich zu niedrig. Deutschland betreibt so gegenüber seinen Nachbarn Lohndumping. Darum fordert die KAB eine deutliche Anhebung auf 13,69 Euro. Der Mindestlohn sollte mindestens 60 Prozent des Durchschnittslohnes betragen.
Sind 13,69 Euro nicht utopisch? Was fordern andere? In die Debatte über die Höhe des Mindestlohns ist Bewegung gekommen. Viele sind der Meinung der KAB, dass 9,35 Euro zu niedrig sind. Der Bundesfinanzminister Scholz (SPD) und der „Deutsche Gewerkschaftsbund“ (DGB) wollen die Höhe bis 2021 auf 12 Euro aufstocken. Aus der CDU werden ebenfalls Stimmen laut, die Mindestlohnkommission zu reformieren und ihr durch eine neue Geschäftsordnung mehr Freiheiten in der Bemessungsgrundlage zu geben. Die Berechnungsgrundlage für die Höhe des Mindestlohnes soll erweitert werden, damit er ansteigen kann. Die SPD will perspektivisch den Mindestlohn auf 12 Euro anheben. Die Linke fordert ebenfalls diese Höhe ein. Die Partei „Bündnis 90 / Die Grünen“ will nach ihrem Beschluss auf dem letzten Parteitag 2019 eine sofortige Aufstockung auf 12 Euro. Es gibt also einen breiten Konsens von 12 Euro als Basis für weitere Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns. Dies ist für die KAB eine gute und politisch anschlussfähige Grundlage, ihre Forderung von 13,69 Euro durchzusetzen.
Warum ist ein höherer gesetzlicher Mindestlohn gut für uns alle? Ein höherer gesetzlicher Mindestlohn hätte viele positive Auswirkungen auf den Einzelnen, aber auch auf unsere Gesellschaft und Wirtschaft. Weniger Menschen benötigten staatliche Unterstützung und könnten von ihrem Arbeitseinkommen ihr Leben eigenständig bestreiten. Ein höherer flächendeckender Mindestlohn wirkt der sozialen Spaltung entgegen, hilft Armut zu beseitigen, schafft mehr soziale Gerechtigkeit und stärkt den sozialen Zusammenhalt. Er wirkt zudem ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen und der Ausweitung des Niedriglohnsektors entgegen. Indem er eine Lohnuntergrenze festschreibt, drückt er die in Tarifverträgen und branchenbezogenen Mindestlohnregelungen nach oben. Das heißt: Mehr Einkommen für alle! Den Wettbewerb in der Wirtschaft gestaltet er fair: Unternehmen, die niedrige Löhne zahlen und schlechte Arbeitsverhältnisse forcieren, können nicht mehr „gute“ Unternehmen vom Markt boxen, die sich an Tarifverträge halten, faire Löhne und gute Arbeitsplätze für selbst-verständlich erachten. Und bezahlbar ist er auch. Die mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes von einigen befürchteten negativen Auswirkungen sind nicht eingetreten. Eine Lohnuntergrenze hat vielmehr den Arbeitsmarkt stabilisiert. Ein Preisanstieg war ebenfalls nicht zu verzeichnen. Die positiven Auswirkungen eines gesetzlichen Mindestlohns könnten deutlich besser ausfallen, wenn er eine Höhe von 60 Prozent des Durchschnittslohnes, also 13,69 Euro, erreichen würde.
Dr. Michael Schäfers, KAB Deutschlands e.V.