Die Diözesanversammlung der KLB Passau e.V. fand heuer am Samstag, den 17. Juni in der LVHS Niederalteich statt. Unter dem bewusst provokant gewählten Titel „Unser Dorf muss schiacha wern?!“, der einem Lied von Georg Ringsgwandl entnommen ist, stellten sich am Vormittag Landtagskandidaten und -kandidatinnen aus dem gesamten Bistumsgebiet Fragen zum ländlichen Raum.
Zu Beginn jedoch durfte KLB-Geschäftsführerin Marie-Theres Knab, neben Michael Bruns (Leiter Abteilung Räte und Verbände) und Barbara Schmidt (Direktorin LVHS Niederalteich), auch Herrn Hans-Peter Schmucker begrüßen. Als Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung Niederbayern stellte er seine Fachbehörde in Landau vor, die sowohl einzelnen Bürgerinnen und Bürgern als Servicestelle dient als auch mit Gemeinden bei Flurneuordnungen oder Planfeststellungsverfahren als Behörde in Kontakt kommt. Entgegen mancher Äußerungen in Sonntags- und Wahlkampfreden lasse jedoch der massive Personalabbau in seiner Behörde von 270 auf 115 Stellen die Wichtigkeit vermissen, die dem ländlichen Raum stets zugesprochen werde.
Auch der Kreisheimatpfleger im Raum Vilshofen, Rudolf Drasch, kümmert sich um das Erscheinungsbild der Ortschaften. In seinem Impulsreferat stellte er klar dar, dass Klima- und Denkmalschutz in keinen Widerspruch zueinanderstehen. So seien z.B. PV-Anlagen auf Sakralbauten vertretbar, da sie weder in die Bausubstanz eingriffen noch irreversibel seien.
„„Unser Dorf muss nicht schiacha wern, wenn man alle Baubeteiligten vernetzt.“”
Anschließend stellten sich die Kandidaten und Kandidatinnen vor: Nick Kelldorfner (FDP, Wahlkreis Rottal-Inn), Mary Fischer (Freie Wähler, Wahlkreis Altötting), Josef Süß (SPD, Wahlkreis Regen), Toni Schuberl (Bündnis 90/Die Grünen, Wahlkreis Freyung-Grafenau), Eva Resl (CSU, Wahlkreis Passau West) und Agnes Becker (ödp, Wahlkreis Passau-Ost).
Die Moderation der anschließenden Fragerunde übernahm die Bundesgeschäftsführerin der KLB, Bettina Locklair. Der erste Themenkomplex drehte sich um die Sicherung der Gesundheitsvorsorge auf dem Land. Die Gesundheitsreform, die der Bund anstrebt, sowie Diskussionen um Krankenhausschließungen haben hier in der Region in der letzten Zeit viele Menschen verunsichert. Die Vertreter von FW und SPD stimmten darin überein, dass Krankenhausschließungen manchmal notwendig seien, dabei aber ein tragfähiges Nachnutzungskonzept — wie z.B. in Waldkirchen – umgesetzt werden müsse.
Eine weitere Frage, die viele Menschen auf dem Land umtreibt, ist die Frage nach dem Umgang und der Verteilung von Trinkwasser. Negativbeispiele wie die Privatisierung von Trinkwasser in Frankreich durch Danone und Nestlé lassen hier vorsichtig werden. Die befragten Vertreter und Vertreterinnen von FDP, FW oder ÖDP hatten dazu eine klare Linie: Trinkwasserversorgung muss gemeinwohlorientiert in kommunaler Hand bleiben. „Wer privates Wasser trinken will, kann sich Flaschenwasser kaufen“ oder „Firmen wie Nestlé arbeiten hier gewinnorientiert – das geht bei uns gar nicht“ waren einige der Aussagen dazu.
Bei der Frage nach den Möglichkeiten zur konkreten Umsetzung der Energiewende gingen die Meinungen hingegen schon weiter auseinander. Während Agnes Becker von der ÖDP betonte, dass die 10h-Regel Bayern bei diesem Ziel voll blockiert habe und die Förderung dezentraler Speicher forderte, lenkte Eva Resl von der CSU die Aufmerksamkeit der Zuhörer eher auf das Problem der Regulierung von Stromspitzen und ‑mangel und deren Lösung. MdL Toni Schuberl von den Grünen hingegen stellte klar: „Die Wärmewende muss kommen! Wir können nicht warten!“
Auch bei der Reduzierung des Flächenverbrauchs in Bayern auf ein Drittel des heutigen Standes ergab sich ein ähnlich differentes Bild. Während die SPD den großen Gestaltungsspielraum der Kommunen im Inneren verwies und Hochhäusern auf dem Land eine klare Absage erteilte, betonte Schuberl: „Freiwilligkeit genügt nicht!“. Neue Konzepte z.B. für eine gemischte Bebauung mit Einkaufsmärkten, (Tiefgaragen-)Parkplätzen, Büros und Wohnungen seien in Zukunft notwendig. Dazu brauche es jedoch staatliche Vorgaben. Dem widersprach Eva Resl von der CSU. Sie setze auf „Förderung statt Vorgaben.“
Um dem Höfesterben in der Landwirtschaft entgegenzuwirken, erteilte die FW Abkommen wie CETA, TTIP und MERCOSUR eine Absage. Vielmehr solle man Bürokratie abbauen oder Landwirten Hilfe bei Gesundheitsproblemen anbieten. Die Ländliche Familienberatung oder die Beratungsangebote der KLB seien hier beispielhaft. Für Agnes Becker (ÖDP) sind die „Orientierung am Weltmarkt“ sowie der daraus resultierende „Verdrängungskampf“ eine Hauptursache für das Höfesterben, das beseitigt gehöre. Denn „Höfesterben = Artensterben. Alle sind mit dem jetzigen System der reinen Flächenförderung unzufrieden.“
Auf die Frage nach der Beseitigung des Fachkräftemangels im Bildungsbereich wurde deutlich, dass es keine einfachen Lösungen gebe. Quereinsteiger, Nachqualifizierung, bessere Bezahlung – all diese Bausteine wurden genannt, können jedoch allein nicht das Problem lösen.
Nach einer kurzen Pause kam auch das Publikum zu Wort. Dabei wurden dringende Forderungen nach Bürokratieabbau in Gesundheitswesen und Handwerk laut. Zudem dürften die Städte nicht dem Land „das Wasser abgraben“ – sowohl faktisch als auch im übertragenen Sinn. Auch falsche Konzepte der Vergangenheit wurden angesprochen, etwa die Beratung der Forstämter vergangener Jahrzehnte zu Fichtenmonokulturen. Zudem ermutigten die Anwesenden die Politiker, unangenehme Wahrheiten auszusprechen anstatt vordergründig ein „Weiter so“ zu vermitteln. Zusammen mit vielen anderen lobte Andreas Felsl, Landesvorsitzender der KLB, die sachliche, respektvolle politische Diskussionskultur, von der sich der Landtag manchmal eine Scheibe abschneiden könne.
Beim gemeinsamen anschließenden Mittagessen bestand dann noch Gelegenheit, manches Thema weiter zu erörtern.
Nachmittags schloss sich der Konferenzteil für die KLB-Mitglieder an. Dabei konnte Kassier Johannes Schmidt auf einen positiven und stabilen Jahresabschluss der KLB verweisen. Der Sprecher des AK Landwirtschaft, Alfred Hainthaler, berichtete über die Arbeit seit der letzten Diözesanversammlung, deren Höhepunkt der hochkarätig besetzte Studientag zum Thema Wasser am 1. April 2023 war. Den Blick auf die internationale Arbeit der KLB weitete Theresia Nüsslein, indem sie die Senegal-Arbeit ihres Arbeitskreises vorstellte.
Auch KLB-Diözesanvorsitzende Maria Kölbl konnte stellvertretend für die Vorstandschaft auf ein Jahr zurückblicken, das von vielfältigen Veranstaltungen geprägt war:
BBB-Fahrt Rheinland/Koblenz, Oasentage, Beteiligung am Familienfest des Landkreises, Kochkurse zum Thema „Weggworfa wird nix“, Friedenswallfahrt nach Flüeli, Bruder-Klaus-Tag, Aktionstag zum Schutz des Flachbärlapps, Rorategang mit Laternen, Flusssegnung, Handy-Kurse, Besinnungstag „Was ist uns (noch) heilig?“, Misereor-Kreuzweg , Mitgestaltung der Bauernwallfahrt in Altötting, Studientag „Wasser und Landwirtschaft im Klimawandel“, Flechtkurs Weidenkörbe, Maiandacht in Ranfels, Fahrt nach Assisi.
Sie bedankte sich ganz herzlich bei der Geschäftsführerin Marie-Theres Knab, bei der gesamten Vorstandschaft sowie bei Sekretärin Ute Kapfhammer für das überdurchschnittliche Engagement und die vielen guten Ideen.
Am Ende fand die Diözesanversammlung der KLB ihren Abschluss in einer Andacht zum Thema „Fluss/Wasser“, die von Landvolk-Seelsorger Michael Vogt vorbereitet worden war.
Text: Maria Kölbl