"Unser Dorf muss schiacha wern!?" Diözesanversammlung 2023

Marie Knab am 19.07.2023

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Die Diözesanversammlung der KLB Passau e.V. fand heuer am Samstag, den 17. Juni in der LVHS Niederalteich statt. Unter dem bewusst provokant gewählten Titel „Unser Dorf muss schiacha wern?!“, der einem Lied von Georg Ringsgwandl entnommen ist, stellten sich am Vormittag Landtagskandidaten und -kandidatinnen aus dem gesamten Bistumsgebiet Fragen zum ländlichen Raum.

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Zu Beginn jedoch durf­te KLB-Geschäfts­füh­re­rin Marie-The­res Knab, neben Micha­el Bruns (Lei­ter Abtei­lung Räte und Ver­bän­de) und Bar­ba­ra Schmidt (Direk­to­rin LVHS Nie­der­al­t­eich), auch Herrn Hans-Peter Schmu­cker begrü­ßen. Als Lei­ter des Amtes für Länd­li­che Ent­wick­lung Nie­der­bay­ern stell­te er sei­ne Fach­be­hör­de in Land­au vor, die sowohl ein­zel­nen Bür­ge­rin­nen und Bür­gern als Ser­vice­stel­le dient als auch mit Gemein­den bei Flur­neu­ord­nun­gen oder Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren als Behör­de in Kon­takt kommt. Ent­ge­gen man­cher Äuße­run­gen in Sonn­tags- und Wahl­kampf­re­den las­se jedoch der mas­si­ve Per­so­nal­ab­bau in sei­ner Behör­de von 270 auf 115 Stel­len die Wich­tig­keit ver­mis­sen, die dem länd­li­chen Raum stets zuge­spro­chen werde.

Auch der Kreis­hei­mat­pfle­ger im Raum Vils­ho­fen, Rudolf Drasch, küm­mert sich um das Erschei­nungs­bild der Ort­schaf­ten. In sei­nem Impuls­re­fe­rat stell­te er klar dar, dass Kli­ma- und Denk­mal­schutz in kei­nen Wider­spruch zuein­an­der­ste­hen. So sei­en z.B. PV-Anla­gen auf Sakral­bau­ten ver­tret­bar, da sie weder in die Bau­sub­stanz ein­grif­fen noch irrever­si­bel seien. 

„„Unser Dorf muss nicht schiacha wern, wenn man alle Bau­be­tei­lig­ten vernetzt.“”

Rudolf Drasch

Anschlie­ßend stell­ten sich die Kan­di­da­ten und Kan­di­da­tin­nen vor: Nick Kell­dorf­ner (FDP, Wahl­kreis Rot­tal-Inn), Mary Fischer (Freie Wäh­ler, Wahl­kreis Alt­öt­ting), Josef Süß (SPD, Wahl­kreis Regen), Toni Schu­berl (Bünd­nis 90/​Die Grü­nen, Wahl­kreis Frey­ung-Gra­fen­au), Eva Resl (CSU, Wahl­kreis Pas­sau West) und Agnes Becker (ödp, Wahl­kreis Passau-Ost). 

Die Mode­ra­ti­on der anschlie­ßen­den Fra­ge­run­de über­nahm die Bun­des­ge­schäfts­füh­re­rin der KLB, Bet­ti­na Lock­lair. Der ers­te The­men­kom­plex dreh­te sich um die Siche­rung der Gesund­heits­vor­sor­ge auf dem Land. Die Gesund­heits­re­form, die der Bund anstrebt, sowie Dis­kus­sio­nen um Kran­ken­haus­schlie­ßun­gen haben hier in der Regi­on in der letz­ten Zeit vie­le Men­schen ver­un­si­chert. Die Ver­tre­ter von FW und SPD stimm­ten dar­in über­ein, dass Kran­ken­haus­schlie­ßun­gen manch­mal not­wen­dig sei­en, dabei aber ein trag­fä­hi­ges Nach­nut­zungs­kon­zept — wie z.B. in Wald­kir­chen – umge­setzt wer­den müsse. 

Eine wei­te­re Fra­ge, die vie­le Men­schen auf dem Land umtreibt, ist die Fra­ge nach dem Umgang und der Ver­tei­lung von Trink­was­ser. Nega­tiv­bei­spie­le wie die Pri­va­ti­sie­rung von Trink­was­ser in Frank­reich durch Dano­ne und Nest­lé las­sen hier vor­sich­tig wer­den. Die befrag­ten Ver­tre­ter und Ver­tre­te­rin­nen von FDP, FW oder ÖDP hat­ten dazu eine kla­re Linie: Trink­was­ser­ver­sor­gung muss gemein­wohl­ori­en­tiert in kom­mu­na­ler Hand blei­ben. Wer pri­va­tes Was­ser trin­ken will, kann sich Fla­schen­was­ser kau­fen“ oder Fir­men wie Nest­lé arbei­ten hier gewinn­ori­en­tiert – das geht bei uns gar nicht“ waren eini­ge der Aus­sa­gen dazu. 

Bei der Fra­ge nach den Mög­lich­kei­ten zur kon­kre­ten Umset­zung der Ener­gie­wen­de gin­gen die Mei­nun­gen hin­ge­gen schon wei­ter aus­ein­an­der. Wäh­rend Agnes Becker von der ÖDP beton­te, dass die 10h-Regel Bay­ern bei die­sem Ziel voll blo­ckiert habe und die För­de­rung dezen­tra­ler Spei­cher for­der­te, lenk­te Eva Resl von der CSU die Auf­merk­sam­keit der Zuhö­rer eher auf das Pro­blem der Regu­lie­rung von Strom­spit­zen und ‑man­gel und deren Lösung. MdL Toni Schu­berl von den Grü­nen hin­ge­gen stell­te klar: Die Wär­me­wen­de muss kom­men! Wir kön­nen nicht warten!“ 

Auch bei der Redu­zie­rung des Flä­chen­ver­brauchs in Bay­ern auf ein Drit­tel des heu­ti­gen Stan­des ergab sich ein ähn­lich dif­fe­ren­tes Bild. Wäh­rend die SPD den gro­ßen Gestal­tungs­spiel­raum der Kom­mu­nen im Inne­ren ver­wies und Hoch­häu­sern auf dem Land eine kla­re Absa­ge erteil­te, beton­te Schu­berl: Frei­wil­lig­keit genügt nicht!“. Neue Kon­zep­te z.B. für eine gemisch­te Bebau­ung mit Ein­kaufs­märk­ten, (Tiefgaragen-)Parkplätzen, Büros und Woh­nun­gen sei­en in Zukunft not­wen­dig. Dazu brau­che es jedoch staat­li­che Vor­ga­ben. Dem wider­sprach Eva Resl von der CSU. Sie set­ze auf För­de­rung statt Vorgaben.“ 

Um dem Höfester­ben in der Land­wirt­schaft ent­ge­gen­zu­wir­ken, erteil­te die FW Abkom­men wie CETA, TTIP und MER­CO­SUR eine Absa­ge. Viel­mehr sol­le man Büro­kra­tie abbau­en oder Land­wir­ten Hil­fe bei Gesund­heits­pro­ble­men anbie­ten. Die Länd­li­che Fami­li­en­be­ra­tung oder die Bera­tungs­an­ge­bo­te der KLB sei­en hier bei­spiel­haft. Für Agnes Becker (ÖDP) sind die Ori­en­tie­rung am Welt­markt“ sowie der dar­aus resul­tie­ren­de Ver­drän­gungs­kampf“ eine Haupt­ur­sa­che für das Höfester­ben, das besei­tigt gehö­re. Denn Höfester­ben = Arten­ster­ben. Alle sind mit dem jet­zi­gen Sys­tem der rei­nen Flä­chen­för­de­rung unzufrieden.“ 

Auf die Fra­ge nach der Besei­ti­gung des Fach­kräf­te­man­gels im Bil­dungs­be­reich wur­de deut­lich, dass es kei­ne ein­fa­chen Lösun­gen gebe. Quer­ein­stei­ger, Nach­qua­li­fi­zie­rung, bes­se­re Bezah­lung – all die­se Bau­stei­ne wur­den genannt, kön­nen jedoch allein nicht das Pro­blem lösen.

Nach einer kur­zen Pau­se kam auch das Publi­kum zu Wort. Dabei wur­den drin­gen­de For­de­run­gen nach Büro­kra­tie­ab­bau in Gesund­heits­we­sen und Hand­werk laut. Zudem dürf­ten die Städ­te nicht dem Land das Was­ser abgra­ben“ – sowohl fak­tisch als auch im über­tra­ge­nen Sinn. Auch fal­sche Kon­zep­te der Ver­gan­gen­heit wur­den ange­spro­chen, etwa die Bera­tung der Forst­äm­ter ver­gan­ge­ner Jahr­zehn­te zu Fich­ten­mo­no­kul­tu­ren. Zudem ermu­tig­ten die Anwe­sen­den die Poli­ti­ker, unan­ge­neh­me Wahr­hei­ten aus­zu­spre­chen anstatt vor­der­grün­dig ein Wei­ter so“ zu ver­mit­teln. Zusam­men mit vie­len ande­ren lob­te Andre­as Felsl, Lan­des­vor­sit­zen­der der KLB, die sach­li­che, respekt­vol­le poli­ti­sche Dis­kus­si­ons­kul­tur, von der sich der Land­tag manch­mal eine Schei­be abschnei­den könne. 

Beim gemein­sa­men anschlie­ßen­den Mit­tag­essen bestand dann noch Gele­gen­heit, man­ches The­ma wei­ter zu erörtern.

Nach­mit­tags schloss sich der Kon­fe­renz­teil für die KLB-Mit­glie­der an. Dabei konn­te Kas­sier Johan­nes Schmidt auf einen posi­ti­ven und sta­bi­len Jah­res­ab­schluss der KLB ver­wei­sen. Der Spre­cher des AK Land­wirt­schaft, Alfred Hain­th­a­ler, berich­te­te über die Arbeit seit der letz­ten Diö­ze­san­ver­samm­lung, deren Höhe­punkt der hoch­ka­rä­tig besetz­te Stu­di­en­tag zum The­ma Was­ser am 1. April 2023 war. Den Blick auf die inter­na­tio­na­le Arbeit der KLB wei­te­te The­re­sia Nüss­lein, indem sie die Sene­gal-Arbeit ihres Arbeits­krei­ses vorstellte. 

Auch KLB-Diö­ze­san­vor­sit­zen­de Maria Kölbl konn­te stell­ver­tre­tend für die Vor­stand­schaft auf ein Jahr zurück­bli­cken, das von viel­fäl­ti­gen Ver­an­stal­tun­gen geprägt war: 

BBB-Fahrt Rheinland/​Koblenz, Oasen­ta­ge, Betei­li­gung am Fami­li­en­fest des Land­krei­ses, Koch­kur­se zum The­ma Wegg­wor­fa wird nix“, Frie­dens­wall­fahrt nach Flüeli, Bru­der-Klaus-Tag, Akti­ons­tag zum Schutz des Flach­bär­lapps, Rora­te­gang mit Later­nen, Fluss­seg­nung, Han­dy-Kur­se, Besin­nungs­tag Was ist uns (noch) hei­lig?“, Mise­re­or-Kreuz­weg , Mit­ge­stal­tung der Bau­ern­wall­fahrt in Alt­öt­ting, Stu­di­en­tag Was­ser und Land­wirt­schaft im Kli­ma­wan­del“, Flecht­kurs Wei­den­kör­be, Mai­an­dacht in Ran­fels, Fahrt nach Assisi.

Sie bedank­te sich ganz herz­lich bei der Geschäfts­füh­re­rin Marie-The­res Knab, bei der gesam­ten Vor­stand­schaft sowie bei Sekre­tä­rin Ute Kapf­ham­mer für das über­durch­schnitt­li­che Enga­ge­ment und die vie­len guten Ideen. 

Am Ende fand die Diö­ze­san­ver­samm­lung der KLB ihren Abschluss in einer Andacht zum The­ma Fluss/​Wasser“, die von Land­volk-Seel­sor­ger Micha­el Vogt vor­be­rei­tet wor­den war.

Text: Maria Kölbl

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